Ich kannte Talmann
Über die Titelgeschichte schrieb Wolf Biermann:
„Über Deine Talmanngeschichte muss ich staunen: sie ist so schön und wahr und traurig und ermutigend. Eine DDR-Geschichte hast Du geschrieben, die sich manche Westchauvinisten hinter den Spiegel stecken sollen und über die die Westlinken nachdenken und nachfühlen können. Dieser Talmann! Es ist die Schuld der Nazis, dass er seine Sprache verlor, und es ist die Schuld der DDR-Misere, dass er sie nach ’45 nicht wiederfinden konnte. Und es ist Dein Verdienst, dass Du diese Sprachlosigkeit so glänzend zur Sprache geschrieben hast.“
Als 1978 erstmals eine Geschichte des DDR-Emigranten Udo Steinke in der Bundesrepublik veröffentlicht wurde, urteilte Rainer Kunze: „Die beste Prosa, die ich aus unserer Zeit in letzter Zeit gelesen habe. Umwerfend!“ und Heinrich Böll schrieb: „Das ist eine wunderbare Geschichte – aus wundersamer Zeit – Sehr deutsch –s ozusagen doppeldeutsch und mehr.“ Die Figuren, für die Steinke Partei ergreift, sind Einmischer, Nonkonformisten, Unbeirrbare. Der furchtlose Faustkämpfer Dochenischt,der sich 1934 mit einer NS-Führungsgruppe anlegt, gehört ebenso dazu wie jebe Frau, die sich in Lodz einen hohen Gestapomann als Liebhaber hält, um ihr Kellerlazarett für polnische Widerstandskämpfer zu tarnen. Oder Remoli, der es gewagt hat, den Wehrdienst in der DDR-Volksarmee zu verweigern. – Udo Steinke schildert ebenso realistisch wie minutiös in der DDR und der Bundesrepublik Erlebtes und Beobachtetes, Mögliches und Denkbares, wobei die Vergangenheit immer wieder in die Gegenwart hineinspielt und kritisch aufgearbeitet wird.
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Rezensionen:
- Süddeutsche Zeitung, 18./19.05.1980: Gewitzte Chroniken
- AZ Literaturkritik, 17/18.05. 1980: Ohne Trauer. Udo Steinke: „Ich kannte Talmann"